Tour Nr. 49 Rother Wanderführer Friaul-Julisch Venetien, 2009

Der ca. 2 km lange Rilke-Weg verbindet die Orte Duino und Sistiana und ist nach Rainer Maria Rilke (1875-1926) benannt. Der in Prag geborene, österreichische Dichter fand dort Inspiration für seine Duineser Elegien, als er 1911-1912 als Gast im Schloss der Gräfin Marie von Thurn und Taxis (Torre und Tasso) lebte.

Wir sind in San Giovanni al Timavo gestartet, um auch die legendären Timavo-Quellen zu besuchen.

Der Timavo ist ein mysteriöser und faszinierender Fluss: Sein noch nicht vollständig bekannter unterirdischer Pfad ist eines der interessantesten Karstphänomene.

Der Timavo wird oft als „Kürzester Fluss der Welt“ (knapp 2 km) bezeichnet, was so nicht stimmt. Tatsächlich handelt es sich um den slowenischen Fluss Reka (slow. Fluss – ein Fluss, der Fluss heisst..), der im Gebiet des Snežnik (Krainer Schneeberg, 1796 m), an der kroatisch-slowenischen Grenze entspringt.

Er fließt ca.50 km oberirdisch und verschwindet dann in den berühmten Höhlen von St. Kanzian (Höhlen von Škocjan, Škocjanske jame) in den Untergrund und taucht schließlich hier, nach ca.33 km langer, mysteriöser Reise durch dunkle Karsthöhlen, in San Giovanni al Timavo als mächtige Karstquelle wieder auf.

Von hier mündet die Reka als sagenumwobener Timavo nach knapp zwei Kilometern im Hafenkanal von Monfalcone ins Meer.

Das Gebiet der Mündung des Timavo war seit der Antike immer ein Ort der Verehrung.

Das Vorhandensein eines Flusses, der aus der Erde floss, übte auf die einfache Bevölkerung Faszination und Schrecken aus. Neben vielen anderen Mythen wurde dort auch ein Eingang zum Hades vermutet.

San Giovanni al Timavo war zu römischer Zeit, vor ca. 2000 Jahren ein berühmter und wichtiger Ort. Hier lag der Hafen Lacus Timavi.

Nicht nur Vergil (70 v. Chr. - 19 v. Chr.), der bedeutendste Autor der römischen Antike, sondern insgesamt an die 20 altertümliche Schriftsteller erwähnen diesen mythischen Ort und Fluss.

Am Timavus tränkte der Dioskure („Sohn des Zeus“) Castor sein Pferd Cyllarus,

hier stritten im Meer die Argonauten mit den Euganeern, hier streckte Meeresgott Glaukos sein Haupt aus dem Wasser. 

"Der Timavus bricht nicht mehr, wie zur Zeit Strabos (antiker griechischer Geschichtsschreiber  63 v. Chr. - 23 n. Chr.) mit sieben starken Armen brausend aus dem Berge, sondern ist ein träger Bach, der geräuschlos aus der Erde quillt und ohne Aufsehen sich im Meere verliert."

Bericht aus dem Jahr 1895

Das im Familienbesitz der Fürsten von Thurn und Taxis (Torre e Tasso) befindliche Schloss Duino ist im Rahmen von Führungen öffentlich zugänglich.

Der 1987 eröffnete Rilke-Weg ist ein traumhafter Pfad von etwa zwei Kilometern, der am Rand der Steilküste durch Klippen, mediterrane Vegetation und Kiefernwald von Duino nach Sistiana führt.

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